Eine wichtige Nachricht für eine gar nicht kleine Gruppe von Gold-Anlegern: „Gewinn steuerfrei mit Xetra-Gold“. Ein Kreis schließt sich: Im allerersten Goldseiten-Blog von Juli 2009 berichtete ich über den Kampf der deutschen, schon damals Schäuble´schen Finanzverwaltung, Gold-ETCs (Inhaberschuldverschreibungen) mit aller Gewalt für Abgeltungssteuer-pflichtig zu erklären. Lesen Sie ggf. nach: „Auch der Fiskus kämpft nun gegen GoldSilber: Edelmetall-ETCs unterliegen der Abgeltungssteuer“ [2009]. Seitdem erhoben auch einige Finanzämter trotz juristisch höchst dünnem Eis Abgeltungssteuer auf per Verkauf realisierte und sogar auf per Auslieferung nicht realisierte (!) Gold-ETC-„Gewinne“.
In den einschlägigen Gold-Foren war die Steuer-Frage übrigens schon 2008 vor Einführung der Abgeltungssteuer gestellt worden – und die Foristen kamen bereits damals zum korrekten – und nun richterlich bestätigten Ergebnis „Eine Steuerpflicht kann es hier nicht geben“.
=> Volle sechs Jahre lang waren die Schäuble-Beamten somit nicht willens oder in der Lage, eine steuersystematisch logische Rechtsauffassung einzunehmen – denn wie könnte ein physisch hinterlegter ETC eine steuerbare Kapitalforderung sein? Nein: ein physisch hinterlegtes Vehikel muss steuerrechtlich als Sachanlage gewertet werden! Und genau zu diesem Ergebnis kamen nun im April 2014 endlich auch gleichlautend zwei ordentliche Gerichte:
„Gewinn steuerfrei mit Xetra-Gold
Euro am Sonntag, 26.4.2014
Zwei neue Finanzgerichtsurteile machen Anlegern Hoffnung, die in mit Gold hinterlegte Wertpapiere - beispielsweise Gold-ETCs - investiert haben. Das Finanzgericht Münster (Az. 12 K 3284/13 E) und das Finanzgericht Sachsen (Az. 1 K 1406/13) entschieden, dass Xetra-Gold keine ‚Kapitalforderung‘, sondern steuerlich wie Barren und Münzen zu behandeln ist. Kursgewinne mit Xetra-Gold wären dann nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei und nicht - wie vom Bundesfinanzministerium vorgeschrieben - in jedem Fall abgeltungsteuerpflichtig. Betroffene sollten ihre Steuerbescheide per Einspruch und unter Hinweis auf die Akten¬zeichen offen halten. Voraussichtlich wird erst der Bundesfinanzhof diese Rechtsfrage endgültig entscheiden.“
=> Nach diesen langen Jahren der Unsicherheit und der (hoffentlich nun endgültig illegalen) Steuererhebung durch viele Finanzämter auf „Gewinne“ auf die offiziell physisch hinterlegte Inhaberschuldverschreibung „Xetra Gold ETC“ herrscht nun also eine gewisse Rechtssicherheit. Allerdings ist der Instanzenweg noch nicht bis zum Ende durchlaufen. Konkret geht es um Gewinne aus der Veräußerung von Xetra-Gold-Papieren oder der physischen Auslieferung von Gold nach einem Jahr Haltefrist. Beide Gerichte waren sich einig, dass Gewinne aus derartigen Sachanlage-Geschäften außerhalb einer Spekulationsfrist von einem Jahr steuerfrei sind.
=> Übrigens bin ich darüber hinausgehend der Meinung, dass bei einem Auslieferungs-Vorgang aus einem ETC überhaupt kein Verkauf stattfindet, mithin auch mangels Eigentumsübergang an dem per ETC verbrieften Gold gar kein Gewinn realisiert werden kann und schon von daher gar keine Besteuerungsbasis vorhanden wäre. Dazu haben sich die Gerichte aber leider nicht geäußert – das mussten sie nicht, da ohnehin jedes Ende der Anlage in Xetra-Gold (egal ob durch Papierverkauf oder eben durch physische Auslieferung) steuerfrei gestellt wird.
Achtung: Entgegen anders lautenden Meldungen in einigen EM-Foren gelten diese Urteile vorläufig nur für Xetra-Gold-Geschäfte und haben noch keine direkte Präzedenz-Wirkung für ähnliche Fälle mit anderen ETCs oder ETFs. [Diese ist zwar sehr wahrscheinlich - doch kann für alle Aussagen und Prognosen in diesem Steuerkontext keine Haftung übernommen werden.]
Caveat 1: Dieser Artikel wirft ganz bewusst nicht die uralte Frage auf, ob Xetra-Gold ein sauber physisch getrennt und zu 100% allokierender Gold-ETC im Sinne dieser Definition von 2007 ist. Und es sollen hier auch nicht zum x-ten Mal die Vor- und Nachteile der ETFs, ETCs & Einkaufsgemeinschaften ggü. der heimischen physischen Lagerung im direkten eigenen Zugriff analysiert werden. Alle diese Varianten haben je nach persönlicher Weltsicht und je nach persönlichen Anlagehorizonten (Trading vs. Langfrist), Anlagezielen, Gebühren- und Spreadvorstellungen eine gewisse Berechtigung. Im Extremfall können Sie auch mit Gold-Futures zocken. Solange Sie wissen, was Sie tun. Aber machen Sie es nie auf Kredit. Wer in der Schuld ist, ist nicht frei. Auf Pump gekauftes Gold ist ebensowenig Ihres wie den Gold verleihenden Zentralbanken oder der im Ausland lagernden Bundesbank das Gold gehört, das sie zu besitzen glauben.
Caveat 2: Lassen Sie uns bitte auch nicht die derzeit [und speziell an Fed-Sitzungstagen wie heute, die fast nie gute Goldtage sind...] eher mühsame und müßige Frage beantworten, ob es eigentlich viele Xetra-Gold-Anleger gibt, die aktuell auf unrealisierten Gewinnen sitzen – und die sich nun über deren Abgeltungssteuer-Freiheit freuen dürfen. Nun, seit Sommer 2011 (1900 $/oz) gab es sicher nicht so viele; bei Einführung der Abgeltungssteuer Anfang 2009 aber stand Gold bei 850 $/oz – das Thema betrifft also durchaus noch einige Steuerbürger und Goldbugs. Allerdings sind nach den Urteilen logischerweise nun auch keine ggf. entstandenen Verluste mit Xetra-Gold-Anlagen gegen Abgeltungssteuer-pflichtige Gewinne verrechenbar.