Viele Leser werden Ambrose Evans-Pritchard (AEP) kennen, den Starschreiber des englischen Telegraph. Obwohl dieser zwar gelegentlich gute und oberflächlich betrachtet auch kritische Artikel schreibt, so war er bis heute doch tief im Inneren immer ein keynesianischer Fed-Gläubiger oder doch wenigstens ein wohlwollender medialer Begleiter von Bernankes Gelddruckerei. WAR!
Den untenstehenden AEP-Artikel "Shut down the Fed", den sowohl der deutsche Mainstream als auch die Blogosphäre offenbar übersehen haben, habe ich zunächst für pure Ironie gehalten. Aber die darin vollzogene 180-Grad-Wende von AEP könnte ebenso wie seine explizite "Große Entschuldigung" tatsächlich ernst gemeint sein, was angesichts von Ben Bernankes gerade außer Kontrolle geratenden Gelddruck- und Monetarisierungs-Maßnahmen für jeden rationalen Marktbeobachter auch überfällig und angesichts täglich neuer GoldSilber-Highs durchaus nachvollziehbar wäre.
Man mag diese "projection" von Zerohedge, dass die Fed in ca. 6 Monaten nicht "nur" wie heute etwa 800 Mrd Dollar an monetarisierten US-Staatsanleihen in der Bilanz haben wird, sondern 3,6 Billionen , nun glauben oder nicht. Tatsache ist aber, dass auch AEP in seinem "Mea maxima culpa"-Artikel offenbar just diese Entwicklung beschreibt und sogar ihm davor graut. Und man beachte: das kommt von einem Schreiber, der direkt im angelsächsischen Papiergeldstall sozialisiert wurde und der diesen seit mehr als 20 Jahren von Washington, London und auch Brüssel heraus an vorderster Front verteidigt hat.
Vom Saulus zum RonPaulus: AEP outet sich hier als neu erfundener sound money Fan. Er entschuldigt sich explizit nicht nur bei seinen treuen Lesern für eine nun erkannte fatale Fehleinschätzung, sondern sogar bei den "hinterwälderischen Goldbugs mit ihren 45er Colts und ihren Kisten voller Krügerrands"! Und da Einsicht der erste Weg zur Besserung ist, verdient es dieser Artikel "Shut down the Fed", wenigstens in den wichtigsten Passagen übersetzt zu werden.
Von Ambrose Evans-Pritchard, 27. September 2010
"Ich entschuldige mich bei all meinen Lesern auf der ganzen Welt dafür, die Notfall-Stimulierungsmaßnahmen der Fed verteidigt zu haben. Und dafür, dabei wie ein naiver Dummkopf argumentiert zu haben, der glaubte, dass die Fed nicht der Drogensucht erliegen würde: der Droge des politischen Missbrauchs [ihrer Werkzeuge] und der verrückten Prasserei. Damals, als sie mit dem 'quantitative easing' [QE] - also der Monetisierung von Schulden begann.
Meine krankhafte Annahme war, dass Ben Bernanke NOCH mehr QE nur zur Bekämpfung von DEflation anwenden würde - aber nicht, um INflation zu erzeugen. Wenn die Fed den Unterschied nicht erkennen kann, dann sei Gott Amerika gnädig.
Im Fed-Sitzungsprotokoll der letzten Woche können wir nun nachlesen, dass die Fed 'zusätzliche weitere QE-Erleichterungen bereithalten wird, sollte dies erforderlich sein, um allmählich zu einem Inflationsniveau zurückzukehren, das mit ihrem Mandat vereinbar ist.'
NEIN, NEIN, NEIN, das kann wirklich nicht wahr sein.
Ben Bernanke hat sich vorige Woche also nicht nur geweigert, seine fixe Idee eines 'Inflationsziels' aufzugeben, das eine Hauptursache für die globale Bankenkatastrophe der letzten 20 Jahre ist (denn es ermöglichte die blasenhafte Eskalation von Vermögensbooms durch extreme Kreditausdehnung).
Nein, schlimmer noch: Er scheint -ohne entsprechende Notfall-Rechtfertigung- entschlossen zu sein, Billionen an Notfallstimuli zu drucken, um seine uralten 'Princeton'-Theorien zu testen. Schon Keynes selbst machte sich in den 1930ern lustig über die 'Tyrannei des allgemeinen Inflationsziels' - und dies völlig zurecht. Bernanke ist dabei, eine Theorie wiederzubeleben, die bereits vor 80 Jahren widerlegt war.
Also haben die Hinterwäldler von Idaho mit ihren 45er Colts und Kisten voller Krügerrands die ganze Zeit recht gehabt, als sie damals wütende E-Mails an den Telegraph schickten und mich beschuldigten, eine hyperinflationäre Intrige der Führungsclique zu verteidigen. Die Fed IST in der Tat außer Kontrolle.
[...] Ich entschuldige mich und bitte um Vergebung, denn ich habe mich gegen das gesunde Geld versündigt - und damit gegen gesunde Politik.
Ich bleibe bei meiner Ansicht, dass QE gemäß Friedman-Lehre legitim ist, um einen Kollaps der M3-Geldmenge und damit eine offen deflationäre Entwicklung in Staaten mit Schuldenquoten von über 300% des BIP zu verhindern.
Aber VORSÄTZLICH Inflation herbeizuführen, 'in Übereinstimmung mit dem Fed-Auftrag'- um damit Schulden zu erodieren (entwerten)- ist eine ganz andere Sache.
[...] Wir leben in einer sehr merkwürdigen Welt: Der IWF hat seine globale Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf 4,5% verdoppelt. Und alle Regierungen und Institute haben eine 'double dip' Rezession ausgeschlossen.
Doch gleichzeitig hat die Bank von Japan mit unsterilisierten Währungsinterventionen begonnen, was ebenso auf 'Stimulus' hinausläuft wie das frisch angekündigte neue QE der Fed und der Bank von England.
Man kann nicht alles haben. Wenn die USA NICHT in großen Schwierigkeiten stecken, dann sollte die Fed nicht an zusätzliche QE-Maßnahmen denken. Sie sollte einen Schritt zurücktreten und die Wirtschaft sich selbst heilen lassen - notfalls auch unter Inkaufnahme niedrigen Wachstums wegen des Abbaus exzessiven Kreditleverages im System.
... Die Fed versucht, den Kater der letzten Kreditparty (den Greenspan und Bernanke verursacht haben - nicht vergessen) wegzuzaubern, um ihre frühere Behauptung rechtfertigen und aufrechterhalten zu können, dass man Vermögensblasen ohne Schmerzen wieder abbauen kann.
Haben die Chinesen recht? Sind die Angelsachsen so dekadent geworden, dass sie sich weigern, ihre berechtigte Strafe anzunehmen, und stattdessen ihre Schulden heimlich loswerden wollen?
Früher oder später werden wir erfahren, was [XYZ] wirklich über diesen neuesten Drift der Fed ins monetäre Lala-Land denken. Und was das alles hinsichtlich Moral Hazard und der Einlösung von Schuldverträgen bedeutet. Wenn ich früher einmal harte Worte über diese [XYZ] geschrieben habe, dann entschuldige ich mich auch dafür."
=> Leider sind mit [XYZ] irgendwelche Pseudo-Gegner von Bernanke im Fed-System selbst gemeint. AEP entschuldigt sich also explizit NICHT bei all den Österreichern à la Ron Paul da draußen, die seine nun "ach-so-plötzlich-ach-so-neuen Erkenntnisse" seit vielen Jahren in die Welt schreien - zumindest in die WAHRE bzw. Wahrheits-SUCHENDE Welt außerhalb des Mainstreams, die immerhin gelegentlich und im Internet auch zuhörte.
=> Dennoch: "Lieber spät als nie, Ambrose!": Wenn der biblische Saulus zum Paulus werden konnte, dann ist es auch für Dich nicht zu spät, zum RonPaulus zu mutieren. Immerhin hast Du ja auch noch Deinen Namensgeber und Schutzpatron, den Heiligen Ambrosius. Und der ist gemäß katholischem Heiligenlexikon immerhin zuständig für die fleißigen Bienen. Bienen sind geradezu prototypische Horter bzw. Sparer und darum seit Millionen von Jahren ein Erfolgsmodell der Natur! Eine darwinistische Glanzleistung, die die keynesianischen Kreditheuschrecken unter absoluter Garantie niemals werden nachmachen können. Vielleicht stecken in Dir also trotz Deiner Schuld in der Vergangenheit bzw. trotz Deiner keynesianischen Schuldenapologetik tief im Inneren auch NICHT-keynesianische Anlagen. Und so besteht Hoffnung, dass Du und alle Keynesianer noch umlernen. Ambrosius war nämlich [wirklich!] auch der Schutzpatron des Lernens. Na denn...
Zwei wichtige Disclaimer:
1. Zugegebenermaßen ist es wohl für viele Bugs (mich eingeschlossen) schwer zu glauben, dass ausgerechnet ein elitär hoch dekorierter Insider, angelsächsischer Auftragsschreiber und Systemträger wie der seit Jahrzehnten tätige AEP nun SOLCH eine spektakuläre Volte vollzogen haben sollte. Einige Forenschreiber geben bereits zu bedenken, dass AEP wohl den Auftrag habe, möglichst viele Schafe jetzt ins Gold zu treiben [vielleicht wenige Wochen vor einem großen Aktien- und GoldSilbercrash à la 2008 zwecks zwingend erforderlicher Rettung der angesichts des QE-Wahnsinns kaum noch verkäuflichen Staatsanleihen]. Sie stellen die Frage, ob AEP WIRKLICH ernsthaft "die weiße Flagge" schwenkt - oder ob hier Misstrauen hinsichtlich einer elitären Bullenfalle für Kleinanleger nicht zwingend angebracht wäre...!
=> Und so brauchen wir hier die Hilfe und geballte Kompetenz der Leser: Schreiben Sie dazu gerne Ihre Meinung [bitte keine Romane]. Die richtige Antwort auf die Frage nach AEPs WAHREN Intentionen kann in den kommenden Wochen u.U. über das Vorzeichen der prozentualen Jahresperformance Ihrer Depots entscheiden!
2. Wenn eines Tages Bernanke und Geithner SELBST zu Goldbugs werden und den Goldkauf propagieren, DANN sollten Sie Ihr Metall schleunigst verkaufen. DANN stimmt etwas nicht. Nicht jeder kann zum RonPaulus mutieren. Sarrazin würde sagen: "It´s not in their genes."