Aufmacher heute im Print-Handelsblatt unter Bezug auf die gestrigen Beschlüsse von Merkozy: „Der Staatskollaps wird künftig ausgeschlossen“. Da der Andruck des Handelsblattes schon um 19 Uhr war, konnte die Redaktion sich nicht mehr durch die Ratingagentur „Standard & Poor´s“ eines Besseren belehren lassen, die dann um 20.30 Uhr praktisch alle EUR-Staaten auf „negativen Ausblick“ gesenkt hat – darunter auch sechs bisherige Triple-A-Staaten der EUR-Zone – und darunter auch Deutschland selbst! Ein nun möglicher Downgrade sogar Deutschlands aber wäre nach einigen weiteren Herabstufungen in den Folgejahren mangels Haftungssubstanz mit AAA-Bonität faktisch das Ende der EURO-Bailouts – und damit dann der sichere Staatskollaps aller PIGS. Hat S&P somit direkt auf Merkozy geantwortet?
Gleich mehrere Dinge sind bemerkenswert in diesem Krieg der transatlantischen Stellungnahmen, welche in Wirklichkeit Kampfrhetorik von ein und derselben machiavellisch steuernden Weltfinanzmacht und ihrer dialektisch kommentierenden Weltmedienmacht sind:
a) Das Handelsblatt entblödet sich nicht, die Merkozy-These vom künftig ausgeschlossenen Staatskollaps einfach unkritisch zu übernehmen, statt sie passend als das darzustellen, was sie ist: komplett ahistorischer Stuss: in der Weltgeschichte sind noch alle Staaten der Weltgeschichte kollabiert. Die meisten der Neuzeit nicht einmal primär durch militärische Niederlagen, sondern durch den finanziellen Kollaps, wenn mal wieder keynesianisch über die Verhältnisse gelebt wurde – und im unvermeidlichen Bereinigungsprozess ethnische, religiöse oder regionale Spannungen nicht mehr mit Geld aus dem Nichts zugekleistert werden konnten, so dass große Staatengebilde eben zusammenbrechen mussten und auf kleinere, natürliche und homogene Einheiten zurückgeführt wurden. Krieg spielte dabei selbstredend trotzdem oft eine Rolle – aber praktisch immer war dann auch der Finanzkollaps bereits absehbar. Wenn also Merkozy nun apodiktisch den „Staatskollaps ausschließen“, dann muss das in den Ohren der Älteren verdächtig nach Verzweiflungs-Propaganda klingen: Sei es die vom noch 1944 „1000-jährigen Reich“; sei es die vom Sozialismus, den noch 1989 in seinem ewigen Lauf weder Ochs noch Esel aufhielten. [Dass Honecker leider heute, 20 Jahre später, über die unübersehbaren weltsozialistischen Siegeszüge doch noch recht bekommt, steht auf einem anderen Blatt und soll heute hier nicht schon wieder erörtert werden].
b) Den Lesern dieses Blogs muss kaum gesagt werden, dass Standard & Poor´s natürlich zur angelsächsischen Fraktion der Kampfeinheiten der Banken-Kleptokratie gegen die nationale Souveränität der Staaten gehört. Mithin ist es geradezu die Aufgabe von S&P, Europa und ganz besonders Deutschland zu schädigen, was ein negativer Ratingausblick alleine schon über den steigenden Refinanzierungs-Zins immer leistet. Nun kann man über einzelne Downgrades von PIGS munter streiten – denn ja, da liegt so einiges im Argen, was die Blogger ja schon seit vielen Jahren aufzeigen – und was seit etwa 2010 nun auch der angelsächsisch korrumpierte Mainstream willig aufnimmt. Aber Deutschland selbst möglicherweise herabzustufen, wäre im Bezugsrahmen der offiziellen S&P-Kriterien einfach abstrus! Den Export-Vizeweltmeister mit einem Zahlungsbilanzüberschuss von fast 200 Mrd Dollar [Stand 2010; 2011 vermutlich schon weit mehr!] auf die gleiche Stufe wie Frankreich [54 Mrd Dollar ZB-Defizit] oder gar mit dem einsamen Schlusslicht USA zu stellen, wäre ein Skandal ohnegleichen, der auch nicht dadurch abgemildert wird, dass die USA schon seit Jahren ein „C“ oder ein „D“ verdient hätten. In der oben verlinkten Auflistung müssen Sie ganz nach unten schauen, um auf Platz 193 Frankreich, auf Platz 194 Großbritannien, auf Platz 195 Spanien und auf Platz 196 Italien mit jeweils zwischen 55 und 68 Mrd Dollar ZB-Defizit zu finden… Aber das Schlusslicht USA (Platz 197) spielt hier seit Jahren in einer einsamen Negativliga: Minus 470 Mrd Dollar ZB-Defizit pro Jahr zeigen deutlich auf, dass die USA praktisch bei der gesamten produktiven Welt ständig höher anschreiben lassen bzw. sich aus dem Nichts ihren hohen Lebensstandard künstlich erdrucken. Bei S&P ist ein solcher Pleite-Zustand dennoch noch immer „AA“-würdig…
=> Nun, liebe S&P-Clowns: An objektiven Kriterien gemessen schlagen wir dringend folgende Ausblicks-Änderungen vor:
- S&P bekommt ein D-
- die USA und GB kommen auf D+
- die EU ex Deutschland kommt auf C
- Deutschland bleibt auf AA [kein AAA; dazu siehe unten]
- Gold und Silber kommen mangels Ausfallrisiko auf AAAAA
=> Jede Abweichung von diesen einzig logischen und nachvollziehbaren Ratingvorschlägen müsste sofort dazu führen, dass die Ratingmeinungen von S&P und Moody´s und Konsorten künftig bei jedweder Kreditvergabeentscheidung unberücksichtigt bleiben und sie somit keinerlei Ratinggeschäft mehr machen können. Clowns bekommen kein Honorar – man lacht über sie. Und bezahlt werden sie zudem ja schon von der Fed. Warum sollten es künftig noch die europäischen Kunden tun?
c) Bashing der Ratingagenturen ist immer billig – wenn auch angebracht bei derart korruptem Geblubber wie gestern wieder von S&P. Trotzdem muss man zwischen absoluten und relativen Fehlern von S&P unterscheiden: Die obige Einordnung von Deutschland (mit gutem AA-Rating) in die Ratinghierarchie der Staaten ist nur relativ „richtig“ oder eben „falsch“: Auch Deutschland stellt als hoch verschuldetes Land natürlich ein Ausfallrisiko dar. Das wäre unter der alten DM (jedenfalls nach Aufhebung der indirekten Goldbindung 1971) nicht anders gewesen – sogar eine neue DM ohne EU-Lasten und mit weiterhin hohem ZB-Überschuss wäre wie alle Fiat-Gelder riskant und langfristig nicht überlebensfähig. Nur Gold und Silber beinhalten absolut keinerlei Emittentenrisiko – man kann es nicht oft genug betonen. Gold und Silber sind immer Geld – und werden garantiert nie wertlos.
=> Außerdem hat S&P natürlich mit der Herabstufungsdrohung ggü. Deutschland insofern einen Punkt, dass hier in der deutschen Bonitätsbeurteilung bereits die totale Haftungsunion des totalen Transfer-Euros eingepreist wird, der über inzwischen elf (!) Bailout-Töpfe geschaffen wird. Der elfte und neueste Topf ist der von EZB oder ESM oder EFSF oder aus dem Nichts oder auch direkt von den nationalen Steuerzahlern refinanzierte IWF, um den ich den im Oktober erschienenen SI-Artikel „Es sind doch bloß Garantien…“ noch aktuell ergänzt habe. Die totale Transferunion wird Deutschland innerhalb weniger Monate um die Aber-Billionen an Neu- und Altschulden fast aller anderen 16 (und uU mehr) EUR-Staaten „bereichern“. Dann sind auch wir in Deutschland natürlich nicht mehr AAA – und vermutlich schon 2013/4 auch nicht mehr AA. Dann wird S&P recht bekommen – wobei auch dann noch die Einstufung der USA mit ebenfalls AA ein schlechter Witz ist und bleibt! Und natürlich ist es auch wenig nachvollziehbar, warum S&P mit seinem offenbar bereits trans-EURopäischen und post-nationalen Weltbild überhaupt noch Ratings von Nationalstaaten herausgibt. Wenn von S&P schon die Transferunion als realisiert angesehen wird, dann sollte Deutschland von S&P überhaupt kein Rating mehr bekommen. Dumm nur, dass die S&P-Kunden noch immer gerne deutsche Anleihen kaufen - und nur sehr ungern Transferbonds. Warum wohl...
d) Unter den mindestens 11 Transfertöpfen zur Verarmung Deutschlands zum Bailout des EUR ist der berüchtigte ESM derjenige, der seit gestern von Merkozy trotz der ihm inhärenten Rechtswidrigkeit, Demokratiefeindlichkeit und Totalität nun wieder schrecklich aktuell ist und unbedingt verhindert werden muss! Gegenüber dem bisher Bekannten gibt es sogar noch Änderungen, die den ESM noch totalitärer machen als es damals im obigen Link beschrieben wurde. Seit gestern ist also nun geplant:
- Der ESM kommt schon Ende 2012. Man darf getrost folgern, dass die beiden EFSF-Töpfe schon 2012 ausgeschöpft sein werden – und dass die inzwischen explodierenden Monetisierungen von PIGS-Anleiheschrott in der EZB-Bilanz bis 2013 ohne den ESM-Megamüllschlucker schnell auf vermutlich untragbare 1-2 Billionen EUR Bilanzschrott [heute bereits gut 200 Mrd EUR] anschwellen würden, was die EUliten unbedingt verhindern wollen, da das veröffentlichungspflichtig wäre.
- Der ESM soll nach dem Willen von Merkozy kein Einstimmigkeitsprinzip mehr haben! 85% der Stimmen sollen genügen. Da Luxemburg ebenso wie Griechenland und eben auch Deutschland je eine der 17 Stimmen im ESM-Gouverneursrat haben werden, könnte damit der faktische Alleinzahler Deutschland problemlos überstimmt werden, selbst wenn Deutschland in Einzelfällen bei der Ablehnung einer Bailout-Entscheidung durch den ESM (zB das Spanien-IV-Paket 2014 o.ä.) vielleicht mal von Finnland sekundiert würde.
- Der ESM soll analog zum IWF zum „EWF“ ausgebaut werden. Wer den IWF kennt, weiß damit: Das lange von der Politik angekündigte „transparente und geordnete Insolvenzverfahren“ europäischer Staaten wird es im ESM/EWF-Rahmen niemals geben! Es wird im Insofall ungeordnete Kungelwirtschaft herrschen mit Gläubigern, die „gleicher“ sind als andere. Und auch die Finanzierung des IWF/EWF wird höchstwahrscheinlich irgendwie "bilateral" und intransparent ausgestaltet werden. Erwarten Sie 80+% deutsche Beiträge, die aber in keiner Bilanz zeitnah nachvollziehbar sein werden...
- Es wird keine „Private Gläubigerbeteiligung“ beim ESM geben. „Privatgläubiger“ sollen bei künftigen Rettungsmaßnahmen des ESM nicht automatisch zur freiwilligen Teilnahme verpflichtet werden. Die Übersetzung dieses EU-Sprechs lautet: „Banken werden nicht [= zu 0%] am Ausfallrisiko beteiligt“ - obwohl sie in einer klassischen Kreditwelt natürlich zu 100% beteiligt werden müssten - schließlich erhalten sie auch 100% der Zinserträge! Kommentar von Kornelius Purps von der HVB-UniCredit zur Aufgabe der Bankenbeteiligung(aus dessen heutigem Tagesmailing): „Das war eigentlich mal das Kernelement des ESM…“
Fazit:
Die EU ist mal wieder drauf und dran, einen ohnehin rechtswidrigen [Art 125 Lissabon-Vertrag, Art. 110 GG u.v.a.!], anti-demokratischen und ökonomisch wahnsinnigen ESM-Plan noch zu verschlimmbessern. Man zwingt totalitär zusammen, was zumindest finanzwirtschaftlich nicht zusammen gehört (siehe hier – Minuten 17-24). Man muss für den kommenden EU-Gipfel die schlimmsten Befürchtungen haben. Da auf dem EU-Gipfel ganz offensichtlich kein "deutscher Vertreter" ernsthaft deutsche Interessen vertreten wird (und auch Voßkuhle gute Chance hat, dass ich ca. 2013 einen Artikel „Nicht im Namen des Volkes (III)“ zu seinem ESM-„Ja Aber“-Urteil schreiben werden muss), gibt es in Deutschland nur noch eine demokratisch legitimierte Möglichkeit, den Wahnsinn des ESM zu stoppen: Diese Möglichkeit steht noch genau eine Woche (!) den FDP-Mitgliedern offen, die stimmberechtigt sind beim von Frank Schäffler initiierten FDP-Mitgliederentscheid gegen den ESM. Man kann aus heutiger Sicht nicht ausschließen, dass der Entscheid zwar mit Mehrheit gegen den ESM ausfallen wird; dass aber das enorm hohe Quorum von 33% knapp verfehlt werden wird. Es ist jedoch durchaus noch erreichbar – wenige Tausend Stimmen fehlen zum Quorum! Leser dieses Blogs sollten daher alle ihnen bekannten FDP-Mitglieder zu schnellstmöglicher Stimmabgabe veranlassen; andernfalls wird es der sklavisch EU- und Merkel-treuen FDP-Führung tragischer- und vermeidbarerweise zu leicht gemacht, den Entscheid trotz Mehrheit gegen den ESM zu ignorieren! Auch das wäre zwar moralisch und demokratisch verwerflich - aber seit wann zählen in der Machtpolitik Moral und Basis-Demokratie? FDP-Brüderle hat bereits heute (also den Ausgang des Mitgliederentscheids schon jetzt ignorierend ) Zustimmung zum neuen Merkozy-ESM signalisiert. Ein basisdemokratischer Skandal einer Parteiführung, die den völligen Untergang einer vor langer Zeit einmal marktwirtschaftlich, volksnah und nationalökonomisch denkenden Partei bei der kommenden BT-Wahl nur noch verhindern kann, wenn die wahren Europäer und Bailout-Gegner um Schäffler herum die Partei noch rechtzeitig vor der Wahl übernehmen!
=> Leiten Sie daher bitte den Blogtext und diesen FDP-Link an Ihnen bekannte FDP-Mitglieder weiter!
Zitat und Anlagetipp des Tages:
„Die EU-Kommission fordert von Deutschland ein entschiedenes Handeln bei der Bewältigung der Schuldenkrise: Die Bundesregierung sollte gegenüber den anderen Partnern weiter klarstellen, dass sie alles tun wird, um die Stabilität der Euro-Zone zu erhalten, so, wie es bei der finanziellen Stärkung des derzeitigen Rettungsschirms der Fall ist. ... Überdies Forderung ... an EU-Gipfel am Donnerstag ... Änderungen am Rettungsschirm ESM: Die Entscheidung darüber, ob ein Land im Rahmen des zukünftigen ESM Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm erhält, sollte nicht länger Einstimmigkeit unter den Euro-Ländern erfordern. Dieses Verfahren ist langwieriger als im Internationalen Währungsfonds. Die Kommission hat von Anfang an gesagt, dass das absurd ist. Es muss bei der Gewährung von Hilfen eine verstärkte qualifizierte Mehrheit ausreichen. Nur so lassen sich Blockaden durch eine ganz kleine Minderheit [= Deutschland] verhindern.“
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso
=> „Die größte Spekulation der Welt wäre es, einen Politiker zu dem Wert einzukaufen, den er hat; und ihn zu dem Wert zu verkaufen, den er sich selbst einräumt.“
André Kostolany