Vorab: Leser, die die anstehende Entscheidung des BVerfG zur Vorratsdaten-Speicherung (VDS) mit Spannung erwarten, dürften wegen dieser Überschrift verwirrt sein. Denn ja: das BVerfG wird erst am kommenden Dienstag (2.3.2010; 10 Uhr) über die VDS urteilen und das Urteil wird allseits mit höchster Nervosität erwartet, wie ich bereits vor Monaten u.a. in "Realpolitiker, Realjournalisten und Realrichter" dargelegt hatte. Wie also sollte der Boehringer das Urteil bereits kennen?
Nun: Mit dem heutigen Blogeintrag lehne ich mich in der Tat weit aus dem Fenster. Und natürlich kenne ich das Urteil des Gerichts noch nicht. Aber seit gestern Nachmittag ahne ich, dass die EUliten und die Zensursulas sowie der bei der Verabschiedung des VDS-Gesetzes damals treibende IM Schäuble NICHT mit der perfiden Idee durchkommen werden, rasterfahndungsmäßig und rein prophylaktisch alle Verkehrsdaten der deutschen Bürger durch die Internet-Anbieter speichern zu lassen.
Den Anlass für diese Ahnung gab ausgerechnet die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Viviane Reding. Diese lässt sich gestern vom Spiegel per Vorabmitteilung damit zitieren, sie werde die der VDS zugrundeliegende EU-Richtlinie "grundlegend überprüfen" und sogar hiermit:
"Ich werde mich für das richtige Gleichgewicht zwischen der Terrorismus-bekämpfung und der Achtung der Privatsphäre einsetzen und die Richtlinie noch in diesem Jahr auf den Prüfstand stellen..."
Nun hat diese Ankündigung natürlich DIREKT nichts mit dem anstehenden Urteil des BVerfG über das DEUTSCHE VDS-Gesetz zu tun. INDIREKT aber sehr wohl, denn:
1. Frau Reding kennt natürlich längst das Urteil des Gerichts - ebenso wie Schäuble, Zensursula, Wiefelspütz, Merkel und der nun zuständige de Maizière. Das "darf" zwar eigentlich nicht so sein - aber Karlsruhe ist nahe genug an Brüssel und die EUliten haben gute inoffizielle Kanäle zu allen Machtinstanzen. Gäbe es eine VDS der Email-Eingänge und Telefondaten von Frau Reding, würden die Maschen der EUlitären Weltregierung sehr schnell intensivste "illegale" Kommunikationsströme zu Tage fördern ...
2. Die Verfassungswidrigkeit des deutschen VDS-Gesetzes ist DERART eindeutig (wie Sie bitte nochmals unter "Realpolitiker, Realjournalisten und Realrichter" nachlesen wollen), dass es offenbar selbst den gewieftesten, skrupellosesten, volksfernsten Anwälten der BuReg nicht gelungen ist, einen advokatischen Winkelzug gegen ein vernichtendes Urteil des BVerfG zu finden.
3. Hinzu kommt der absolut gerechtfertigte, enorme Widerstand fast der gesamten Blogger-Gemeinde von links bis rechts, der den ultimativen Marsch in den kompletten präventiven Verfassungsstaat seit Monaten öffentlich anprangert und der sicherlich auch das BVerfG nicht unbeeindruckt gelassen hat - auch wenn der journalistische Mainstream abgesehen von wenigen Ausnahmen keinesfalls adäquat auf die Bedrohung der Bürger reagiert hat.
4. Österreich hat wie viele andere EU-Staaten bereits reagiert: selbst die EUlitäre österreichische Regierung hat die Frist zur Umsetzung der VDS-Richtlinie in österreichisches Recht ohne Aktion verstreichen lassen, was einer REVOLTE gegen Brüssel gleichkommt, denn diese NICHT-Umsetzungen sind natürlich keineswegs "erlaubt" im zentralistisch-planwirtschaftlichen EU-Staat, den wir de facto haben.
5. Frau Reding baut nun also mit ihrer gestrigen Ankündigung zur "Überprüfung der EU-VDS-Richtlinie" der ULTIMATIVEN Niederlage vor, der sonst eine Verwerfung des VDS-Gesetzes im größten EU-Mitgliedsstaat Deutschland am kommenden Dienstag in Karlsruhe gleichkäme! EUliten hassen öffentliche Niederlagen und schaffen sich immer rechtzeitig Rückzugslinien.
Die Wahrheit ist somit: Die VDS-Richtlinie ist in offener Form sowohl verfassungswidrig in fast allen EU-Ländern als auch nicht durchsetzbar! Frau Redings "Rückzugslinie" und prophylaktische Schadensbegrenzung ist daher nun folgende:
"Die Vorratsdatenspeicherung kann jedermanns Grundrecht auf Privatsphäre einschränken. Es muss gewährleistet werden, dass die Vorratsdatenspeicherung mit der seit Dezember verbindlichen EU-Grundrechtecharta 'vereinbar' ist".
=> Wie bitte Frau Reding?! Sie wollen nun ernsthaft behaupten, es hätte (ausgerechnet) erst der "EU-Grundrechtecharta" bedurft, um Sie zum Handeln zu bringen? Goethes Tasso hätte darauf geantwortet: "Man merkt die Absicht und ist verstimmt." DAS ist nun mal wirklich eine lächerliche Behauptung, die die Frage provoziert, ob EU-Bürger VOR Dezember 2009 keinen Grundrechtsschutz genießen durften?!
=> Ein Blick in fast jede nationale Verfassung der EU-Staaten hätte auch lange vor der "EU-Grundrechtscharta" und auch ohne das totalitäre Ermächtigungsgesetz "Lissabon-Vertrag" genügt, um zu verstehen, dass ein EU-Staat, der alle seine Bürger unter prophylaktischen Generalverdacht stellt, natürlich niemals eine Verfassungs- oder gar eine menschenrechtliche Legitimation haben kann!
=> Wenn Sie sich JETZT ERST fragen, ob die EU "alle diese Daten braucht", dann haben Sie in einer EU-Regierung mangels Kompetenz und Rechtskenntnissen NICHTS verloren. Es sei denn natürlich, der EU-Staat WILL gar kein Rechtsstaat mehr sein - DANN aber haben die EUliten eine ganz andere Geschäftsgrundlage! Und die Bürger andere Möglichkeiten zur Reaktion! Artikel 20(4) GG (Widerstandsrecht gegen Verfassungsfeinde) ist auch nach Lissabon für diesen Fall noch immer in Kraft.
Aber NOCH ist es nicht soweit: Ich prognostiziere (widerleglich - warten wir den Dienstag ab ...) für kommenden Dienstag eines der zwei folgenden Ergebnisse:
1. Das BVerfG wird das deutsche VDS-Gesetz in Bausch und Bogen verwerfen und (ggf.) Vorgaben für eine neue Gesetzgebung machen, die hoffentlich die Freiheit der privaten Kommunikation schützt und JEDE gesetzliche Verpflichtung der ISPs zur Speicherung der Kommunikationsdaten (wer emailt mit wem, welche Seiten surfen wir an, wer telefoniert mit wem, usw.) untersagt [Ausnahmen mit richterlichem Beschluss und zur Abwehr von Gefahr um Leib und Leben gibt es heute schon]!
=> In diesem Fall dient Redings gestrige Ankündigung lediglich der Kaschierung der totalen Niederlage ["Schaut her: wir wollten ja OHNEHIN die VDS-Richtlinie überarbeiten. Es ist in Karlsruhe also nichts passiert..."].
2. Das BVerfG wird NICHT endgültig entscheiden und nur einige (kritische) Vorgaben für eine VDS machen und vielleicht sogar eine einstweilige Verfügung dagegen erlassen - aber dann den Fall an den EuGH weiterleiten.
=> In diesem (zwar abstrusen aber möglichen) Fall dient Redings Ankündigung dazu, den Bundes-Richtern prophylaktisch eine Rechtfertigung für Ihr Nicht-Handeln zu liefern, denn die Richter könnten dann ja sagen "Schaut her - der Fall gehört auf EU-Ebene und ohnehin will die EU-Kommission ja die Richtlinie entschärfen..." .
=> Ich sage "abstrus", denn das BVerfG würde in diesem Fall de facto und ohne Not seine hierarchische Unterordnung unter den EuGH selbst bestätigen, was direkt seinem eigenen Lissabon-Urteil vom Juni 2009 widerspräche. Zudem erinnere ich an meinen Kommentar aus einem älteren Artikel "Nicht im Namen des Volkes" zum Thema:
"Das BuVerfG hat noch nie ein Urteil des EuGH aufgehoben (noch dies je versucht). Und der EuGH hat noch nie einer EU-Richtlinie widersprochen und diese somit aufgehoben.
[...] Die bis heute mangelhafte Existenz-Legitimation des EuGH wird (obwohl expliziter Inhalt der Schachtschneider-Klageschrift) im BuVerfG-Urteil nicht einmal adressiert. EuGH-Entscheidungen hatten in den vergangenen Jahrzehnten immer Vorrang vor nationaler Rechtssprechung. Aktuell ist mit der Vorratsdatenspeicherung wieder eine wichtige EU-Richtlinie auf dem Prüfstand des BuVerfG: Man darf gespannt sein, ob das BuVerfG nach seiner Jahrzehnte-alten 'Nullhistorie' einmal den Mut hat, ein klar GG-widriges EU-Gesetz zu kassieren. Dieser Lackmustest des neuen BuVerfG-Anspruchs steht schon 2009/10 an... "
Meine Erwartung für das Urteil am kommenden Dienstag ist Ergebnis 1, was natürlich zunächst begrüßenswert wäre. Wir lernen aber in jedem Fall - und selbst im Fall 2:
a) Öffentlicher Widerstand wirkt! Juncker hat schon vor 11 Jahren gesagt:
"Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt."
=> Wenn Juncker "Geschrei und Aufstände" haben möchte, sollten wir ihm den Wunsch erfüllen. Machen Sie daher an allen totalitären Fronten weiter mit dem basisdemokratischen und möglichst öffentlichen Widerstand!
b) Der konkrete Fall "Vorratsdatenspeicherung" wird leider in keinem Fall mit dem Urteil erledigt sein. Reding wird bereits heute wie folgt zitiert:
"Konkret werde ich untersuchen, inwiefern die Speicherung verschiedenster Datensätze notwendig ist, ob die Speicherzeit für Daten angemessen ist und ob nicht weniger aufdringliche Maßnahmen dem gleichen Ziel dienen könnten".
=> Die totalitären EUliten geben also nicht auf. Die Datenschützer und die Schützer der Freiheit und der Menschenrechte auf Privatheit und freie Kommunikation werden am Dienstag eine Schlacht gewinnen. Den KRIEG um freie und ungehinderte öffentliche und nicht aufgezeichnete private Meinungsäußerung haben wir dagegen noch lange nicht gewonnen.
To be continued: Der "Jugendmedienschutz-Staatsvertrag" lauert bereits als nächstes Orwell´sches Kriegs-Spielzeug der Eliten gegen die Bürger. Lesen Sie sich schon mal ein: Hier im Blog oder auch hier in einem Appell der "Partei der Vernunft".
Und auch die Verfassungsrichter sollten sich schon mal dazu einlesen, denn ebenso wie der immer wahrscheinlicher werdende Milliarden-Bailout Griechenlands durch Deutschland [siehe Bloomberg von heute oder Ex-BVerfG-Richter Kirchhoff von heute: "GR-Hilfe wäre Rechtsbruch"] ist auch der "Jugendmedienschutz-Staatsvertrag" ein direkt gegen die Interessen der Bürger gerichtetes und glasklar rechtwidriges Vorhaben der Regierung.
Wie sagte noch Bert Brecht:
"Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht."
Die EUliten überspannen derzeit eindeutig den Bogen. Wir haben eine gute Chance auf "Peak-EURo" und "Peak-EU"! *)
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Wichtiges Update 2. März 2010, 10.10 Uhr (nach der Urteilsverkündung)
Es ist vollbracht: Der ultimative Dammbruch gegen die Privatheit unserer Leben wurde in (vorerst...) letzter Instanz in Karlsruhe abgewehrt.
Und zwar wie vermutet: die VDS wurde vom BVerfG wie prognostiziert (fast) "in Bausch und Bogen".
Damit KÖNNTE wenigstens DIESE Geschichte dieses unsäglichen VDS-Vorhabens ein happy end genommen haben.
Leider werden die totalitären EUliten und die Berliner Big Brothers nun heulen und jammern und drohen und was von "Terrorismus" und "untragbar und gefährlich" faseln...!
Und so werden sie
a) eine neue EU-Richtlinie auf den Weg bringen
b) das BVerfG weiter entmachten, um SOLCHE Niederlagen künftig auszuschließen
c) willige Richter wählen (demnächst Vosskuhle statt Papier - ein GROSSER Unterschied!)
d) alternative Überwachungs- und Zensurgesetze schaffen: "Jugendmedienschutz-Staatsvertrag"
e) den ISPs NICHT erlauben, die wegen der VDS bereits eingesetzte Überwachungsinfrastruktur http://www.netzpolitik.org/2010/30-terabyte-fuer-die-vds/ nun ersatzlos abzustellen, ...
f) ... damit der Staat notfalls illegalerweise weiterhin tun kann was ihm das BVerfG eigentlich nun strikt untersagt hat.
g) usw. usw.
=> Extremisten der Macht eben. Gottgleiche Überwachungshybris. Nur WIR ALLE bzw. die Öffentlichkeit kann die Verbrecher gegen die Bürgerrechte auch künftig stoppen!
PS / Vorbehalt: Dieses Update wurde noch VOR der Detailbegründung des BVerfG (Richter Papier) eingestellt. Man muss das Urteil nun in Ruhe ansehen und abwarten, was der Leviathan daraus macht!
Ende Update 2. März 2010, 10.10 Uhr
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*) Ich reklamiere schon heute das (c) auf diese beiden Begriffe und bitte bei dieser Gelegenheit und aus mehrfach gegebenem Anlass diverse Plagiateure dieses Blogs darum, die Originalquelle wenigstens zu nennen und ggf. zu verlinken. Dies gilt für Blogger, Börsenbriefschreiber UND für den Mainstream. Nicht wahr, liebe FTD?! Immerhin bekommt ihr alle Infos von hier gratis.