Deutschland - hast Du es doch besser? Während hierzulande die Kanzlerin (wie heute in der BUNTE) nur lamentiert, dass sie wegen der Pluralität im Internet nicht mehr "alle Menschen gleichermaßen erreicht" und es immer schwieriger werde, ein [sozialistisch-kollektiv-planwirtschaftliches?!] "Gesamtmeinungsbild zu erkennen" [oder gar herbeizu-spin-nen?!], ist dieses "Problem" in den USA viel höher aufgehangen und die Pluralität des Internets wird bereits aktiv bekämpft.
Während das BKA von Netzsperrungen noch feucht träumt, wurde in den USA vor kurzem in einer Nacht-und-Nebel-Aktion eine Seite mit 70.000 Blogs ohne Vorankündigung und ohne nachvollziehbare Begründung *) einfach gesperrt. Und dass Obama aus Gründen der nationalen Sicherheit schon vor Monaten einen "Off"-Schalter für das Internet für sich reklamierte, ist ebenfalls bekannt.
Fast noch schlimmer aber: Es wird inzwischen auch "intellektuell" gegen die "Systemfeinde" insbesondere unter den US-Wirtschaftsbloggern aufgerüstet. So durfte ein natürlich "incentivierter" Auftragsschreiber namens Kartik Athreya kürzlich unter dem Briefkopf der Federal Reserve Bank [of Richmond] ein Pamphlet gegen Wirtschaftsblogger veröffentlichen. Nicht etwa gegen einzelne Dummblubberer (die es immer gibt), sondern völlig undifferenziert gegen JEDEN Wirtschaftsblogger, der kein "rank-and-file PhD economist" ist. Kein Witz! Auch der Titel dieses bemerkenswerten Dokuments ist kein schlechter und jahreszeitlich verfehlter Karnevalsscherz, sondern ernst gemeint:
"Economics is Hard. Don’t Let Bloggers Tell You Otherwise" [sic!]
Ich habe das zunächst ignoriert, weil man solche Hybris nicht unbedingt aufwerten sollte. Aber da Merkel nun auch hierzulande beginnt, neben all den technischen Zensurmaßnahmen und neben all den Pädophilie-Vorwänden "intellektuell" gegen die Blogosphere mobil zu machen, will ich Ihnen wenigstens einen sehr treffenden Kommentar eines US-Kollegen zum Pamphlet der Fed nicht vorenthalten:
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"This is what they think of us"
July 20, 2010 by Simon Black /
freie Übersetzung Peter Boehringer
"Das denken sie über uns
Wir kleinen Leute sollen uns hinsetzen und ruhig sein ... sagt Kartik Athreya, Senior Volkswirt bei der Fed Richmond.
In einem aktuellen Papier mit dem Titel "Volkswirtschaft ist schwer. Glaubt den Bloggern nicht, wenn sie euch etwas anderes erzählen." züchtigt Herr Athreya die ganze Welt der Internet-Blogger, Meinungsbildner und jeden anderen, der nicht Kartik Athreya heißt dafür, sich zu volkswirtschaftlichen Fragen zu äußern. Es ist eindeutig: alle anderen sind zu dumm, eine Meinung haben zu dürfen.
Originalzitat: 'Schreiber, die nicht mindestens ein Jahr an Doktorandenstudium in einer vernünftigen VWL-Fakultät absolviert haben (und zur Doktorarbeit zugelassen wurden), können volkswirtschaftliche und wirtschaftspolitische Debatten nicht sinnvoll voranbringen. Es ist zunehmend unwahrscheinlich, dass [in der immer komplexeren Welt der VWL] diese Leute irgendetwas Interessantes zur Wirtschaftspolitik beitragen können.'
Nun denn: Ja, es gibt eine Menge Blubberer in den Internet-Blogs ... aber es ist GENAU diese arrogante und autoritäre "Klappe halten und machen was euch gesagt wird!"-Mentalität, die das ganze Finanzsystem kennzeichnet!
Ehrlicherweise muss man zwar festhalten, dass diese Unsitte nicht beschränkt ist auf die USA: Die jeweiligen Machthaber haben diese Arroganz seit Jahrhunderten gezeigt. Selbst die Alten Griechen als angeblich aufgeklärteste der frühen Zivilisationen haben schon Sokrates hinrichten lassen, nur weil er zu viele unangenehme Fragen gestellt hat...
Durch alle Jahrhunderte wurde der intellektuelle Austausch immer wieder durch Einschüchterung und Zwang autoritär gesteuert bzw. gewaltsam beendet. Das Mittelalter und die Inquisitionszeit lassen grüßen.
In einer aufgeklärten Welt sollten freie Bürger zu kritischem Hinterfragen und Argumentieren ermuntert werden. [Anmerkung PB: und genau dies ist auch noch immer das offizielle Credo von den Rahmenerziehungsplänen deutscher Kindergärten bis hin zu Uni-Curricula]. Die Entscheidungen der Volkswirte und Wirtschaftspolitiker sind viel zu wichtig, um sie in gutem Glauben den Leuten hinter dem Vorhang und im Elfenbeinturm zu überlassen. Insbesondere, wenn sie einen solch unterirdischen track record haben wie in den letzten 2 Jahren [bzw. in den letzten 40 Jahren seit der Aufhebung der Goldstandards...]!
In ferner Zukunft werden die Menschen vermutlich mit riesiger Verwunderung die Geschichte des 20. und frühen 21. Jahrhunderts studieren. Sie werden sich fragen, wie eine solch kleine "elitäre" Gruppe die Macht bekommen konnte, Billionen an Dollars aus dem Nichts herbei zu zaubern, weitere Billionen sinnlos zu vergeuden, ihre bankrotten Banker-Komplizen mit fremder Leute Geld herauszuhauen, die Ersparnisse der Menschen inflationär zu vernichten, sinnlose Kriege zu führen, ganze Volkswirtschaften durch die Fehlallokation von Mitteln zu ruinieren - und DANN AUCH NOCH die öffentliche Debatte darüber als "inkompetent und irrelevant" ins Lächerliche zu ziehen.
In jedem anderen Kontext würde dies wohl als komplett verrückt erkannt. Nur nicht in der ökonomischen und massenmedialen Realität des Jahres 2010...
Herr Athreya hätte sich viel Zeit und den Steuerzahlern viel Geld sparen können, wenn er einfach sein Rücktrittsgesuch niedergeschrieben hätte, anstatt diejenigen zu kritisieren, die die intellektuelle Redlichkeit seiner Bosse in Frage stellen."
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=> Was bleibt mir noch zu schreiben nach diesen klaren Worten von Simon Black. I rest my case. Manchmal gibt es einfach nichts mehr zu sagen und beizutragen. Dann sollte man schweigen. Und ist es nicht genau das, was Herr Athreya und die Fed von uns Bloggern fordern? So sei es also. Jedenfalls für heute...
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*) Nachtrag PB 25.7.2010: Mehrfach wurde von einem einzelnen nicht per Email erreichbaren Leser darauf aufmerksam gemacht, dass die Sperrung "freiwillig" durch den Seitenhoster durchgeführt wurde. Dafür gibt es bislang aber weder Beleg noch Begründung. Es ist nur bekannt geworden, dass "eine US-Regierungsstelle" (vermutlich das FBI) die Abschaltung "nahegelegt" hat (was etwas ganz anderes als "freiwillig" ist!). Zudem fehlt weiterhin jede Begründung außer der bereits im Spiegel insinuierten "Bombenbauanleitung von Al Qaida". Wenn ein vom FBI behaupteter oder gar veranlasster Upload einer vermeintlichen Bombenbauanleitung künftig jedesmal die Abschaltung von 70.000 völlig unbeteiligten Blogseiten zur Folge haben kann, dann haben wir bereits ein staatlich bzw. geheimdienstlich abschaltbares Internet. Aus libertärer Sicht ist das nicht akzeptabel. Terroristen würden sich Bombenanleitungen GANZ bestimmt auf anderen Wegen als über das offene und nicht verschlüsselte www senden. Selbst in der klassischen Militärtaktik gibt es die Regeln der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Das hier angeblich vom FBI erzwungene Mittel des Flächenbomardements der flächendeckenden Blogsperrung ist in JEDEM FALL ein klasssischer Overkill, ein Akt der Zensur und vielleicht auch eine Übung für "bedeutendere" Fälle in der Zukunft. Freiheit verlieren die Menschen in kleinen Schritten. Auch das Menschenrecht der Meinungsfreiheit. Insofern ist es nur konsequent, dass sich der "Anonyme" Zuschreiber der Fed-Forderung nach Abschaltung aller Blogger anschließt... Besonders interessant ist übrigens, dass er nicht einmal eine zustellungsfähige Email angibt; und sich insoweit trotz natürlich verfügbarer anonymer Email-Accounts dem direkten Dialog verweigert, eine öffentliche Antwort provoziert und sich hinter der von mir verteidigten Freiheit auf Anonymität versteckt, die er selbst ganz offenbar ablehnt, denn in einer FBI-Welt ist diese Anonymität tot.