Einige Gedanken anlässlich dieser bemerkenswerten Schlagzeile von heute:
"Sarkozy will Glück als ökonomische Messgröße
Was ist Wirtschaftswachstum? Für den französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy ist es mehr als ein Plus im Bruttoinlandsprodukt. Das BIP habe ausgedient und müsste ergänzt werden etwa um die Qualität von Umweltschutz, Sozialleistungen, Glück und öffentliche Dienstleistungen, mahnte der französische Präsident am Montag."

=> Hört, hört: Nicolas "le roi c´est moi" Sarkozy setzt sich vom jahrzehntelang tabuisierten Wachstumscredo der westlichen Welt ab! Zwar nur notgedrungen, weil in der Wirtschaftskrise die positive wirtschaftliche Propaganda-Munition ausgeht - aber immerhin. Oberflächlich betrachtet erscheint die Idee der Glücksmessung somit zwar nur als ein bemitleidenswertes Ablenkungsargument des Staatschefs der Grande Nation, der erkennen muss, dass alle grandesse in den kommenden Jahren nicht ausreichen wird, um die wirtschaftliche Schrumpfung der Jahre 2009ff zu stoppen oder gar aufzuholen. Da baut man als cleverer Politiker denn doch lieber vor - und zieht neue Wohlstandskriterien aus dem Hut.

Dennoch lohnt es sich, hierüber nachzudenken und dabei über den Sarkozy´schen opportunistischen Horizont hinauszublicken: Schon die Präambel der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung maß dem Glück einen überragenden Wert bei. Jefferson stellte 1776 die Glückssuche auf eine Stufe mit den Lebens- und Freiheitsrechten:
"We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness."

Wir erkennen also: wirtschaftlich-materielles Wachstum war nicht "schon immer" das erste und zugleich letzte Ziel der Gesellschaften. Das Wachstumscredo der westlichen Welt ist in seiner heutigen Extremform noch nicht einmal 100 Jahre alt. Es wurde seit 1913 über das fraktionale, zinstragende Papiergeldsystem erzwungen - und konnte insbesondere durch den einmaligen Wachstumsbeschleuniger "Öl-Energie" immerhin fast 100 Jahre lang überleben.

Sarkozys aus argumentativer Not heraus geborene Statement deutet darauf hin, dass sich der überfällige Paradigmenwechsel, den ich 2008 in "Exponentielles Wachstum = Exponentielle Ignoranz" prognostiziert habe, noch schneller als gedacht vollziehen wird:
"Wachstum wird schon bald offiziell in der Politik nicht mehr als Wohlstands-fördernd, sondern als (über)lebensgefährlich wahrgenommen werden! Dieser Paradigmenwechsel wird innerhalb der nächsten 5+ Jahre stattfinden (müssen)."

Wie weit ist ein Sarkozy einer Merkel voraus? Wie weit einem Obama? Wann beenden auch Deutschland, die USA und die anderen "modernen" Länder rhetorisch-offiziell die Illusion ewigen (exponentiellen) Wachstums? Die Folgen der Aufgabe des Wachstumscredos werden jedenfalls umfassend und gesellschaftsverändernd sein. Lesen Sie dazu den o.g. Artikel. Für eilige Leser nur das Schlussfazit daraus:

"Exponentielles Wachstum = Exponentielle Ignoranz
http://www.goldseiten.de/content/diverses/artikel.php?storyid=9440&seite=4

Beyond Oil: Gesellschaftliche Folgen von Peak Oil

Die einmaligen energetischen Eigenschaften von Öl hatten seit etwa 100 Jahren ganz enorme Auswirkungen auf die Gesellschaft. Sowohl unsere Realwirtschaft und damit unser Wohlstand als auch die Bevölkerungszahlen hätten ohne die supergünstig verfügbare Überschuss-Energie aus den Abermilliarden Barrels an Öl niemals derart exponentiell anwachsen können. Auch das mit der Fed-Gründung 1913 eingeführte fraktionale Zentralbank-Papiergeldsystem heutiger Prägung mit exponentiellem Geldmengenwachstum konnte ausschließlich parallel zum Ölzeitalter entstehen und bis heute überleben. Die Abhängigkeiten der Bereiche sind offensichtlich - alle Kurven weisen seit etwa 1900 exponentielles Wachstum aus.



Kausal und treibend war dabei die Ölförderung. Nur die seit etwa 100 Jahren rasant anwachsende Bedeutung der Ölenergie hat das per definition zwingend auf immer schnelleres Wachstum angewiesene fraktionale Zinsgeldsystem (temporär…) möglich gemacht! "Temporär" deshalb, weil eine Geldmengenkurve ohne Goldanker zwar theoretisch unendlich weiterwachsen könnte. Die absolut Öl-abhängige Realwirtschaft kann dies jedoch nach Peak Oil nicht mehr. Ohne realwirtschaftliches Wachstum und damit verbundenen steigenden Einkommen sind die weiterhin exponentiell steigenden Zinslasten bald nicht mehr bedienbar. Das System ist somit mathematisch begrenzt - kollabieren wird es allerdings bereits früher durch den Verlust des Vertrauens der Menschen in die Rückzahlungsfähigkeit der Schuldenberge und in das "weiter so". Politiker und Zentralbanker kooperieren in einem für sie machterhaltenden und hochprofitablen - aber fatalen Spiel:

'Die politische Siegesformel lautet: Allen alles versprechen. Das erste Gebot der Ökonomie aber ist die Knappheit. Papiergeld ist die Brücke zwischen Politik und ökonomischer Realität.' Porter Stansberry, amerik. Wirtschaftspublizist

Diese Brücke wurde nun 100 Jahre lang begangen. Sie wird einstürzen, denn man kann nicht dauerhaft Realität und Illusion überbrücken. Eine nachhaltige Realwirtschaft braucht ein nachhaltiges Geldsystem. Vielleicht wird das nächste wieder Gold-verankert.

Exponentielles Wachstum = Exponentielle Ignoranz

Das realwirtschaftliche Wachstum stößt zunehmend an die Grenzen der Endlichkeit natürlicher Ressourcen. Mit Peak Oil werden diese Grenzen innerhalb weniger Jahre sichtbar und für alle Menschen spürbar. ... Wir müssen erkennen, dass wir in einer Zeit leben, in der unser exponentiell wachsender Ressourcenbedarf in vielen kritischen und existenziellen Bereichen an harte, unausweichliche, physische Grenzen stößt! Und in einer exponentiellen Wachstumswelt hat man nur wenig Zeit, sich darauf einzustellen und umzusteuern.

Neben der exponentiell gewachsenen Energienutzung war seit fast 100 Jahren das exponentielle Geldmengenwachstum des fraktionalen Kreditgelds die Hauptursache für den Wachstumszwang und die Beschleunigung in allen Bereichen. Wenn es Ihnen also derzeit so vorkommt, als ob die Dinge sich überall beschleunigen, dann könnte es daran liegen, dass es einfach so ist und so sein muss, solange wir uns auf diesen Exponentialkurven "hinter dem Knick" bewegen.

Mit Peak Oil wird auch die Globalisierung ihr Peak erreichen. Energie ist die Quelle allen Wachstums. Die Globalisierung beruht auf sehr hohem Energieüberschuss und einem ölbedingt extrem niedrigen Verhältnis von Transportkosten zu Arbeitskosten. In den kommenden 2-15 Jahren wird sich dieses Verhältnis ändern und die Globalisierung damit zum Stillstand kommen oder sich umkehren. Re-Regionalisierung wird die Verstädterungstendenz umkehren und Ackerland wieder wertvoller machen. Der Substanzverzehr fossiler und mineralischer Ressourcen, den die Welt seit 100 Jahren massiv betreibt, wird allmählich enden. Mit dem Gipfel der extrem hohen heute erreichten globalen Arbeitsteilung wird allerdings leider auch der dadurch generierte Wohlstand abnehmen!

Anything that can´t go on forever will stop.

In einer endlichen Welt geht exponentielles Wachstum mit mathematischer Sicherheit an einem bestimmten Punkt nicht mehr gut, sobald sich die Exponentialkurve erst einmal der Vertikalen nähert. Die wegen Peak Oil abnehmende NetEnergy (Abb. 9) stellt die 'physikalische Mauer' dar, an die sowohl die Globalisierung stoßen wird als auch unsere enorme gesellschaftliche Komplexität scheitern wird.

Wachstum wird schon bald offiziell in der Politik nicht mehr als Wohlstands-fördernd, sondern als (über)lebensgefährlich wahrgenommen werden :!: Dieser Paradigmenwechsel wird innerhalb der nächsten 5+ Jahre stattfinden (müssen). © 2008 PB "