In den klassischen VWL-Lehrbüchern zur Geldpolitik wird der direkte Aufkauf von frisch emittierten Anleihen durch die jeweilige Zentralbank eines Landes zurecht als potenziell hoch inflationärer Schritt bezeichnet. Seit einem Jahr haben die Fed und andere Zentralbanken diesen Schritt daher formal immer vermieden, obwohl sie in den letzten Monaten teilweise recht nah am direkten Aufkauf dran waren. Wir berichteten - aber der Mainstream schwieg und verschweigt auch weiterhin diese anhaltende de facto Monetisierung fast völlig. Und so bleibt aus gegebenem Anlass mal wieder nichts anderes übrig, als das Wahre im Goethe´schen Sinne immer zu wiederholen.
Dies insbesondere deshalb, weil die Frist von der Anleihe-Emission zum Aufkauf durch die Fed kürzlich bereits auf 30 Minuten geschrumpft ist! Die Schamfrist zur Vermeidung der DIREKTEN Monetisierung beträgt nun also noch eine halbe Stunde!
Ein US-Analyst namens Jim Bianco hat diese Unglaublichkeit schon vor zwei Wochen aufgedeckt. Ich habe extra gewartet, ob der Mainstream das Thema in seiner Brisanz erkennen kann oder will. Aber q.e.d. - Schweigen im Walde. Alles muss man selbst machen:
Stein des Anstoßes war eine 2-jährige Anleihe über 5 Mrd Dollar der de facto verstaatlichten Regierungsagentur Fannie Mae, die am 9. Oktober 2009 mit der "CUSIP" (=Wertpapierkennnumer) 31398AZN5 emittiert - und deren erfolgreiche Emission per Auktion um 10.00 Uhr bekannt gegeben wurde.
Genau 30 Minuten später tauchte dieselbe Anleihe mit der gleichen CUSIP in einer Mitteilung der NY Fed über einen von ihr vollzogenen "Outright Agency Coupon Purchase" (= direkter Anleihekauf) auf:
Wer genau diese Anleihe um 10 Uhr bei der Auktion gekauft und dann für 30 Minuten gehalten und dann an die Fed zur Monetisierung weitergereicht hat, ist nicht bekannt. Letztlich ist es auch irrelevant. Fakt ist, dass Fannie Mae diese 5 Milliarden bis 10.30 Uhr aus Fed-Mitteln [vulgo via Druckerpresse und ggf. Steuermitteln] bekommen hat. Die Eile der Monetisierung in diesem Fall erklärt sich vermutlich damit, dass Fannie eben SEHR schnell Geld brauchte und Käufer offenbar rar waren und der Strohmann, der die Anleihen 30 Minuten gehalten hat, selbst nicht liquide war oder das Risiko nicht einmal eine Stunde tragen wollte... Die 5 Mrd dieser Auktion reichen Fannie vermutlich gerade mal eine Woche...
Und zur Vorbeugung von Rückfragen: Nein - hier handelt es sich definitiv nicht um kurzfristige (overnight) Repos, sondern es handelt sich um "reguläre" mittelfristige Anleihen von Fannie Mae! Es gibt darauf Zinsen (nominal 1,12% p.a.; effektiv etwas mehr) - und die Zinstermine sind November und Mai; Endfälligkeit Nov 2011. Also ganz klar keine kurzfristige Repo. Es IST reine und fast offene Monetisierung.
Aber lassen wir zum Thema doch lieber US-Finanzminister Geithner das letzte Wort. In einem TV-Interview am 1. Juni 2009 wurde er auf CNBC gefragt, ob der Aufkauf von Staatsanleihen in Höhe von (bereits damals) einigen Hundert Mrd. Dollar keine Monetisierung darstelle. Die Antwort war explizit "Die Fed monetisiert keinesfalls Schulden. Es besteht [auch] keine solche Gefahr in den Vereinigten Staaten."
=> Nun denn. Dann täuschen wir uns alle. Geithner würde doch nicht lügen - und Bernanke auch nicht.
Damit die Verschwörungstheoretiker da draußen endlich Ruhe geben, hier ein Auszug aus dem Transkript des Original-Interviews:
CNBC: "Why is this NOT the dreaded concept of monetizing of debt?"
Geithner: "There is no risk of that in the United States. Because -again- we have a strong and independent central bank whose obligation under the law is [...] to keep inflation low and stable over time. And I know the [Fed-]Chairman is completely committed to that and he has the ability to [ensure this]. The Fed is absolutely NOT monetizing debt!"
=> Geithner hat also recht. Es wird nicht direkt monetisiert. Ein Helfer findet sich immer. Wenigstens für 30 Minuten.
Jetzt wissen wir´s - und sind beruhigt...
Und jetzt verstehen wir auch, warum GoldSilber in der laufenden 182-Mrd-Dollar-Monetisierungs-Woche mal wieder fallen. Nothing to see here. Nothing to worry about. Insbesondere keine inflationäre Zerstörung der Währungen.